Microlearning – alle tun es, niemand weiß es!

Drei braune Macarons die aufeinander gestappelt sind.

Nach einer Schicht in ihrer Jugendwohngruppe, schwirrt der Gruppenleiterin der Kopf: Die Jugendlichen haben ihr das Spiel Among Us auf ihren Smartphones gezeigt. Die Grundidee findet sie spannend, denn die Diskussionen und Gespräche der Spielenden sind das tragende Element. Sie hält es jedoch nicht für jede Altersgruppe geeignet und sucht im Netz nach der Altersfreigabe und Einsatzszenarien des Spiels.

Diese Gruppenleiterin betreibt Microlearning.

Microlearning erlaubt Lernen, um an Informationen zu gelangen, wenn diese akut und innerhalb eines relevanten Kontexts benötigt werden. Das unterscheidet es z. B. vom Lernen entlang eines Lehrplans, in dem allgemeinere Informationen erlangt und erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt werden. Die Begrifflichkeit Microlearning ist vergleichsweise jung. Sie findet seit den 2000ern in Deutschland Verwendung, insbesondere in Weiterbildungskontexten (Robes 2009).

Robes definiert Microlearning als „[…] kurze Online-Aktivitäten, in denen entweder Nutzer[*innen] selbstorganisiert Antworten auf aktuelle Fragen suchen oder in denen sich Lerner[*innen] in Anleitung oder Begleitung durch Bildungsexpert[*innen] mit einem Thema auseinandersetzen“ (2009, S. 2).

Lernzeit und Lerninhalt

Doch auf was bezieht sich dieses „kurz“ bzw. „Micro“ nun? Zum einen auf die aufzuwendende Lernzeit, zum anderen aber auch auf die zu lernenden Inhalte.

In der Literatur finden sich verschiedene empfohlene bzw. angewandte Zeitspannen. Sie erstrecken sich von wenigen Sekunden bis hin zu einer Stunde (Hug/Friesen 2007). Die Zeitspannen sind für die Lernenden individuell abzuwägen, jedoch scheint eine Stunde die Obergrenze für Microlearning zu markieren.

Ausschlaggebender scheint die Beschaffenheit der Lerninhalte, welche auch Microcontent genannt werden. Sie besitzen laut Leene (2006) folgende Eigenschaften: Sie

  • … fokussieren auf einen bestimmten und abgegrenzten Lerngegenstand.
  • … sind selbstständig und enthalten alle notwendigen Informationen, um sie zu verstehen.
  • … sind unteilbar, d. h. sie sind die kleinsten Sinneinheiten, die nicht gekürzt werden können, ohne an Bedeutung zu verlieren (z. B. Rezepte).
  • … besitzen eine feste Informationsstruktur (wie z. B. eine Visitenkarte).
  • … sind adressierbar, d. h. über einen bestimmten Pfad erreichbar (z. B. URL-Adressen).

Medientrends als Microcontent

Im Rahmen der Medien_Weiter_Bildung entstand modellhafter Microcontent, in Form eines Adventskalenders. Die pädagogischen Fachkräfte äußerten den Bedarf, über aktuelle Mediendtrends von Kindern und Jugendlichen auf dem Laufenden zu sein. Aus diesem Grund wurden Texte mit ca. 800 Worten entwickelt, die einen aktuellen Medientrend aufgreifen, definieren worum es sich dabei handelt und aufzeigen, warum er für Kinder- und Jugendliche spannend erscheint. Zusätzlich wurden weiterführende Quellen genannt. Die Verteilung erfolgte im Dezember 2020 als Telegram-Newsletter. Dieses Beispiel entstammt dem zweiten Teil von Robes Definition von Microlearning, sich in kurzen Online-Aktivitäten und in Anleitung von Bildungsexpert*innen mit einem Thema auseinanderzusetzen.

Microlearning als Anstoß für informelles Lernen innerhalb (non)formaler Lernsettings

Diese Maßnahme sollte den pädagogischen Fachkräften einen Anlass bieten, z. B. mit ihren Kolleg*innen in einen Austausch über Medientrends zu treten und auf diese Weise informelles Lernen anzustoßen. Denn sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext steigt die Notwendigkeit lebenslangen Lernens.

„Lebenslanges Lernen sowie Fort- und Weiterbildungen sind für Beschäftigte in allen Bereichen unabdingbar, um sich in der eigenen Profession weiter zu qualifizieren und das persönliche Kompetenzprofil auszubauen. Nur so können Fachkräfte in unserer Zeit auf veränderte Bedingungen und Anforderungen im beruflichen Alltag kompetent reagieren.“ (Eggert 2020, S. 7) Microlearning hat seinen Ursprung im informellen Lernen (Dohmen 2001) und bietet Weiterbildungen die Möglichkeit, das Lernen flexibler an den Anforderung des lebenslangen Lernens auszurichten.

Literaturverzeichnis

Dohmen, Günther (2001). Das informelle Lernen. Die internationale Erschließung einer bisher vernachlässigten Grundform menschlichen Lernens für das lebenslange Lernen aller., Bundesministerium für Bildung und Forschung. https://erwachsenenbildung.at/downloads/service/nr2_2007_informelles_lernen.pdf [Zugriff: 14.12.2020].

Eggert, Susanne (2020). Vorwort. Blended Learning für pädagogische Fachkräfte. In: JFF-Institut für Medienpädagogik (Hrsg.). Blended Learning für pädagogische Fachkräfte. Das Beste aus zwei Lernwelten?!: Voraussetzungen, Beispiele, Anregungen. München: kopaed, S. 6–9.

Hug, Theo/Friesen, Norm (2007). Outline of a Microlearning Agenda. In: Hug, Theo (Ed.). Didactics of microlearning. Concepts, discourses and examples. Münster: Waxmann, pp. 15–34.

Leene, Arnaud (2006). MicroContent is Everywhere!!! Defining MicroContent. http://www.sivas.com/microcontent/articles/ML2006/MicroContent.pdf [Zugriff: 14.12.2020].

Robes, Jochen (2009). Microlearning und Microtraining: Flexible Kurzformate in der Weiterbildung. https://www.weiterbildungsblog.de/wp-content/uploads/2009/10/hel30_436_robes.pdf [Zugriff: 03.12.2020].

Microlearning – alle tun es, niemand weiß es!

Drei braune Macarons die aufeinander gestappelt sind.
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