Medienpädagogik
Generell widmet sich Medienpädagogik der Analyse des komplexen Beziehungsgeflechtes von Mensch und Medien. Ein zweiter Aspekt beinhaltet das aktive, pädagogische Agieren in Bezug auf konkretes Medienhandeln. Dabei können Jugendschutzfragen, Empfehlungen im Medienbereich und Analysen zu Medien, Nutzung und Wirkung jeweils Schwerpunkt des medienpädagogischen Handelns bilden. Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld liegt in der aktiven Medienarbeit. Im Hinblick auf pädagogische Ziele sind vor allem die Begriffe Medienkompetenz und Medienbildung zentral. Durch die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche erfährt Medienpädagogik eine wachsende Bedeutung.
Bewahrpädagogik und Medienempfehlungen
Historisch betrachtet, hat es jeweils bei der Einführung eines neuen technischen Mediums nach kurzer Zeit schon immer Warnungen und Vorbehalte gegeben. Vor über 100 Jahren, bei Einführung des Films, mahnten beispielsweise besorgte Eltern und Lehrkräfte vor der schädlichen Wirkung von Filmen. Schon bei diesem kleinen Beispiel wird deutlich, dass Medienpädagogik nicht eine Unterdisziplin der Pädagogik darstellen kann, sondern dass es sich um ein interdisziplinäres Gebiet handelt, bei dem unter anderem Kommunikationstheorie, Soziologie und Psychologie ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Ängste bildeten auch später, etwa bei Computerspielen, oft die Basis für bewahrpädagogisches Handeln in Bezug auf Medien. Um aber auch potentiell positive Möglichkeiten von Medien aufzuzeigen, wurde der Jugendschutzgedanke schon bald durch Medienempfehlungen erweitert, um Heranwachsende auf interessante Medienproduktionen aufmerksam zu machen.
Kritische Medienanalyse und aktive Medienarbeit
Mitte der 60er Jahre begann der Siegeszug des Fernsehens, als sogenanntes Massen-Medium. Als Reflex darauf entwickelte sich ein „Theorieschub“, der die Medienpädagogik nachhaltig beeinflusste. Anknüpfend an politische Entwicklungen und Proteste, vor allem gegen den Vietnamkrieg, gerieten die Medien und ihre Inhalte in das Visier kritischer Wissenschaftler, die sich mit der Analyse des Ideologiegehalts und der Manipulation durch Massenmedien auseinandersetzten. Hans Magnus Enzensberger sorgte 1970 mit seinem „Baukasten zur Theorie der Medien“ dafür, dass die Idee eines Bürgerfernsehens als Antwort auf herkömmliche Medien formuliert wurde. Analog der in den 20er Jahren entstandenen sogenannten „Radiotheorie“ von Bertolt Brecht, sollten Bürger selber die Produktion von Medien in die Hand nehmen, quasi vom Empfänger zum Sender werden. Parallel zu diesem emanzipatorischen, partizipativen Gedanken eröffnete sich, durch eine neue, handliche und relativ preiswerte Technik (Super-8-Schmalfilm), tatsächlich zum ersten Mal die Möglichkeit, audiovisuelle Medien selber zu produzieren und auch einer größeren Zahl an Zuschauenden vorzuführen: Die Geburtsstunde der aktiven Medienarbeit. Vollends gelang der Durchbruch der aktiven Medienarbeit durch die Markteinführung tragbarer leichter Videoaufnahmegeräte Anfang der 80er Jahre.
Medienkompetenz
Der Medienwissenschaftler Dieter Baacke entwickelte zeitgleich dazu die entsprechenden Zielvorgaben, die in dem Begriff „Medienkompetenz“ mündeten. Sein großer Verdienst war es, ein Theoriekonstrukt entwickelt zu haben, welches unter dem Schlagwort „Medienkompetenz“ bis heute in aller Munde ist. Dieser Begriff verbindet die vier Dimensionen Medienkunde, Medienkritik, Mediennutzung und Mediengestaltung mit der Aufgabe der Pädagogik, die Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen in all diesen vier Bereichen zu stärken. Vor allem die aktive Medienarbeit wird dann durch die „Handlungsorientierte Medienpädagogik“ von Fred Schell und Bernd Schorb weiterentwickelt, bei der Heranwachsende sich durch ihre Medienproduktionen selbstbestimmt und kreativ ihre Welt aneignen, ihre Themen formulieren und ihre Meinungen und Einstellungen veröffentlichen. All diese Aktivitäten münden schließlich in einem kritischen und selbstbestimmten Gebrauch der Medien. Der Begriff des „handelnden Lernens“ ist dabei zentral: Mittels „learning by doing“ werden theoretisches und praktisches Wissen verknüpft, um Mündigkeit, Partizipation und Emanzipation zu fördern.
Medienbildung
Aktuell strukturieren digital basierte Medien und vor allem das Smartphone sehr stark den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Heranwachsende nutzen diese Medien in vielfältiger Form zur reinen Unterhaltung, Information oder Gestaltung ihrer Themen und Inhalte. Sie produzieren eigene Videofilme, Radiosendungen, setzen Tweets ab und geben Anderen Einblicke in ihren Alltag mittels sozialer Netzwerke. Mediennutzung und Medienaneignung bilden daher zentrale Ausgangspunkte für vielfältige medienpädagogische Aufgabenstellungen und Aktivitäten. Das macht deutlich, dass der Medienpädagogik eine immer größere Bedeutung zufällt. Mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung erweitern Kinder und Jugendliche ihr Wissen und ihre Kompetenzen, wobei sie gleichzeitig den vielfältigen Gefahren einer digitalisierten Welt permanent ausgesetzt sind. So verwundert es nicht, dass das Wissen um die Bedeutsamkeit von Medienpädagogik wächst. „Medienbildung“ ist aktuell der zentrale Begriff, der vor allem das Prozesshafte der Medienaneignung und des Medienhandelns in den Fokus nimmt. All dies mündet im „Medienpädagogischen Manifest“ der bundesweit wichtigsten medienpädagogischen Einrichtungen. Darin werden politische Forderungen formuliert, die deutlich machen, dass es keine Bildung ohne Medien – und vor allem keine Bildung ohne Medienpädagogik – mehr geben kann.