Ein Hörspiel erstellen

Artikel von Sonja Berger
Hörspielproduktion

Ihr seid neugierig, wie sich Audio-Projekte mit Kindern und Jugendlichen (KuJ) umsetzen lassen? Ich zeige euch in diesem Blogartikel, wie ihr als pädagogische Fachkräfte ein Hörspiel erstellen könnt.

„Schließe einmal deine Augen und höre einfach mal nur hin. Achte darauf, was es in deiner Umgebung für Geräusche gibt“. So könnte eine Vorübung mit den KuJ lauten. Diese Übung liefert einem Vorgeschmack darauf, was die medienpädagogische Arbeit mit Audio liefert. Doch es geht beim Erstellen von Audio nicht nur um achtsames Hinhören. Kreativität, Teamwork, Freude und nicht zuletzt ein fertiges Produkt gehören ebenfalls dazu.

Diese Technik wird benötigt:

Audio-Aufnahme- / Schnittprogramm. Ein Hörspiel lässt sich bereits sehr niederschwellig mit der Diktierapp am Smartphone erstellen. Es ist von Vorteil, wenn die App über eine Bearbeitungsfunktion („Edit“) verfügt, damit man die Aufnahmen schneiden und arrangieren kann. Für den PC bietet sich die kostenfreie Software Audacity an, ein Open-Source-Schnittprogramm, das zwar nicht gerade durch seine Benutzerfreundlichkeit glänzt, jedoch durch seinen Funktionsumfang fortgeschrittene Ansprüche bedienen kann. Am iPad liefert die App „GarageBand“ auf benutzerfreundliche Weise alle Funktionen, die ein anspruchsvolles Hörspiel erfordert. Für Android gibt es zwar Alternativen (WalkBand, PocketBand und Stagelight), diese sind jedoch in der kostenfreien Version nur eingeschränkt nutzbar.

Mikrofon. Für einwandfreies Audio ohne Störgeräusche lohnt es sich, ein externes Mikrofon am Gerät anzuschließen. Es gibt Mikrofone, die sich per USB (Windows, Android), Klinke oder Lightning (iOS) anstecken lassen. Manchmal ist bei den Mikrofonen ein Ploppschutz dabei: der wiederum hilft, die „ploppenden“ Konsonanten wie p, b und t  abzuschwächen, da die Aufnahme sonst übersteuern kann.

Ist alles angesteckt? Wird das Mikrofon vom Gerät erkannt? Funktioniert die Software? Eine Probeaufnahme, bitte!

Aber Moment, was sprechen die KuJ denn nun eigentlich in das Gerät hinein?

Diese Vorarbeit ist sinnvoll:

Die Story. Klar kann man einfach drauflos plappern. Aber ein professionelles Hörspiel braucht Planung. Am einfachsten ist es, wenn eine gute Story bereits existiert. Fehlt es an Inspiration, schaltet ein kreatives Brainstorming vor. Dazu könnt ihr die KuJ frei assoziieren lassen (also alles aufschreiben, was spontan einfällt und weiterentwickeln, was am besten gefällt) oder ihr verwendet fantasieanregende Kärtchen (z.B. StoryCube oder Karten aus dem Spiel Dixit). Das Schöne am Hörspiel ist, dass man Bilder „im Kopf“ entstehen lassen kann. Fordert die KuJ doch mal auf, sich ein fliegendes U-Boot vorzustellen. So ein Bild kriegt man nur schwer vor die Kamera, aber ganz einfach in den Kopf von Hörer:innen. Eine gute Geschichte hat meistens einen spannenden Anfang, einen überraschenden Wendepunkt und einen runden Schluss. Den meisten KuJ hilft es, wenn sie ein paar wenige Vorgaben bekommen und sie innerhalb dieses Rahmens ihrer Fantasie freien Lauf lassen können.

Das Hörbuchskript. Ob handschriftlich oder getippt: das Drehbuch für’s Hören ist das Hörbuchskript. Dort steht, welche Rollen sprechen und was sie sagen sollen. Auch steht dort geschrieben, welche Geräusche oder Musik gespielt werden.

Die Stimme. A, e, i, o, u und p, t, k! Macht mit den KuJ ein paar Stimmübungen vor der Aufnahme, damit ihre Stimmen in bester Form und so deutlich wie möglich hörbar sind. Eine großartige Übung, um die Artikulation zu verbessern: „Nehmt einen Korken zwischen die Schneidezähne und übt damit euren Text. Versucht, trotz Korken so deutlich wie möglich euren Text drei Mal auszusprechen.“ Ohne Korken sollte die Aussprache der KuJ nun (kurzzeitig) viel deutlicher sein. Leitet die KuJ an, genau auf ihre Stimme zu achten, ggf. auch gegenseitig, damit sie den Unterschied wahrnehmen.

Nun können wir aufnehmen!

O-Ton

Und… bitte!Die eigene(n) Stimme(n) im Originalton (O-Ton) sind die Grundlage des Hörspiels. Diese sollten als Erstes aufgenommen werden. Gut genug ist die Aufnahme, wenn die Stimmen gut verständlich, nicht übersteuert und im richtigen Tempo sind. Ihre Aufnahmen anhand dieser Kriterien zu beurteilen, können die KuJ, je nach Fähigkeit, auch selbst übernehmen.

Die Musik

Vielleicht möchten eure KuJ für die passende Stimmung etwas Musik einspielen. Diese können sie (beispielsweise mit GarageBand oder Instrumenten) selbst erstellen. Oder sie bedienen sich bei Plattformen mit lizenzfreier Musik (z.B. AudiYou, Musicfox oder Pixabay). Beim Meistern technischer Tücken, die mit Download und Import ins Schnittprogramm einhergehen, benötigen jüngere KuJ erfahrungsgemäß mehr Unterstützung.

Geräusche und Atmosphäre

Schneestapfen im Wald, dahinter Vogelgesang. Oder eine sich öffnende knarzende Holztüre vor knisterndem Kamin. Wenn eine Geräuschkulisse im Hintergrund gespielt wird, heißt das „Atmosphäre“. Wie wäre es, die Szene am Flughafen spielen zu lassen? Dann hört man vielleicht rollende Koffer, Gespräche oder Durchsagen im Hintergrund. Wer sich beim Geräuschemachen richtig kreativ austoben will, kann Instrumente verwenden (es gibt z.B. eine Gewittertrommel), Gegenstände aus den eigenen vier Wänden zweckentfremden (ein mit Schaumstoffkügelchen gefülltes Kissen kann z.B. Schneestapfen imitieren) oder die eigene Stimme einsetzen (z.B. Windpfeifen, Froschquaken, Entengeschnatter). Wer weniger Zeit hat, kann auf lizenzfreie Geräusche-Pools zurückgreifen, z.B. auf hoerspielbox.de. Dort kann man sich Audiodateien mit den Geräuschen herunterladen.

Arrangieren

Sind alle Aufnahmen „im Kasten“, kann bearbeitet werden. Die Clips werden meist in einer oder mehreren Tonspuren abgelegt und können dann gekürzt, geteilt, verschoben und mit Spezialeffekten belegt werden. Die erste Herausforderung dabei ist, die Clips in die richtige Reihenfolge zu bringen. Es bietet sich an, mehrere Tonspuren zu nutzen, wenn Clips gleichzeitig, also „übereinander“ laufen sollen. Leitet die KuJ an, den Track zu „mastern“. Am wichtigsten ist, die Lautstärke der Clips anzupassen, damit kein Clip zu laut oder zu leise ist. Fordert die KuJ auf, dabei Kopfhörer zu nutzen, falls vorhanden, denn nur so können sie die feinen Unterschiede hören. Im letzten Schritt wird die Aufnahme exportiert, „ausgespielt“, beispielsweise als MP3-Datei.

Wenn ihr selbst mit dem Hörspielerstellen technisch noch nicht firm seid, probiert es doch selbst einmal ganz niederschwellig in Trockenübungen aus.

So könnt ihr einfach einsteigen:

  • Geräuschrätsel: Nimm ein Geräusch auf und erstelle ein Geräuschrätsel. Wie schwer fällt es anderen, zu erraten, wie das Geräusch entstanden ist?
  • Kreiere eine Atmo(sphäre): mit Wind (Pfeifen), Wasserplätschern, Froschquaken, vielleicht einem Musikinstrument, Baustelle mit Hammer, Restaurant mit Löffeln & Gläsern, eine vielbefahrene Straße…
  • Die spannende Heldenreise eines Gegenstands: Suche dir einen Gegenstand deiner Wahl und lass ihn mit deiner Stimme z.B. seine atemberaubende Geschichte über das Abenteuer auf dem Meeresgrund berichten.

Worauf wartet ihr?

Abschluss:

Übrigens, euer fertiges Hörspiel könnt ihr auf Podcast-Plattformen wie z.B. Soundcloud hochladen. Beachtet dabei, dass alle Rechte bei euch liegen und ihr eine Einverständniserklärung von allen Sprecher:innen vorliegen habt. Einrichtungsintern könnt ihr eine Premiere zum Projektabschluss veranstalten und dafür andere KuJ oder Erziehungsberechtigte einladen. Das i-Tüpfelchen: wenn der Audiobeitrag von einer Foto-Diashow begleitet wird, auf der zu sehen ist, wie die Beiträge entstanden sind. 

Die Produktion eurer KuJ hat eurer Meinung nach einen Preis verdient? Dann reicht sie ein bei einschlägigen Festivals: z.B. dem Jugendradiopreis oder dem Deutschen Podcastpreis.

Hörbeispiele:

Linktipps zu ähnlichen Audio-Projekten und -Methoden:

Tierstimmen erforschen mit Kindern: https://materialkiste.kita.bayern/edu-sharing/components/render/a192aa95-8d9d-4f8a-84db-769b698c3406

Visuelles Online-Hörspiel: https://webhelm.de/visuelles-hoerspiel/

Geräuscherätsel mit der App Keezy: https://www.medienpaedagogik-praxis.de/2018/05/29/geraeuscheraetsel-mit-der-musik-app-keezy/

Tareks Geschichte mit der fünften Klasse: https://perspektiven-werte-schule.jff.de/best-practice/perspektiven-i-projekte/projekt-5/

Audio-Podcasts: https://webhelm.de/audiopodcasts/

Ausführliche Methodenbeschreibung Hörspiele mit Kindern: https://materialkiste.kita.bayern/edu-sharing/components/render/b290fcd3-f1f3-488c-9615-89c86d3fcecc

ACT ON Jugendredaktion mit Jugendpodcast: https://act-on.jff.de/was-geht-der-act-on-jugendpodcast-endlich-online/

Sonja Berger ist Medienpädagogin mit Erfahrung in der offenen Kinder- und Jugendarbeit, im Primar- und Sekundarbereich und in der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften. Aktuell forscht sie an der LMU München zur Digitalisierung von Unterricht in der Schule und begleitet die Jugendradioredaktion DeinLiFE. Neben der Audioarbeit führt sie auch Projekte im Bereich des Computational Thinking durch, z.B. zur Programmierung mit Scratch.

Ein Hörspiel erstellen

Artikel von Sonja Berger
Hörspielproduktion

Sonja Berger ist Medienpädagogin mit Erfahrung in der offenen Kinder- und Jugendarbeit, im Primar- und Sekundarbereich und in der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften. Aktuell forscht sie an der LMU München zur Digitalisierung von Unterricht in der Schule und begleitet die Jugendradioredaktion DeinLiFE. Neben der Audioarbeit führt sie auch Projekte im Bereich des Computational Thinking durch, z.B. zur Programmierung mit Scratch.

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