- 30 Teilnehmer*innen
- 15 offline und 15 online
Obwohl sich das Konzept der kleinen Veranstaltung auch für dieses Szenario fortführen ließe und viele der Grundsätze (kein WLAN, Beleuchtung, Kamera, Ton, etc.) weiterhin geltend sind, stößt der basisdemokratische Aspekt irgendwann an seine Grenzen. Aus Gründen der Einfachheit bleiben wir zwar immer noch bei einem Videokonferenztool zur Interaktion zwischen der Online- und Offline-Welt, es sollte jedoch auf jeder Seite eine Moderation als Gesprächsleitung geben.
Technischer Aufbau
Kamera:
Die Offline-Situation wird mit zwei bis drei externen Kameras vor Ort gefilmt: dabei bildet eine Totale die Situation ab, damit die Zuschauer*innen im Digitalen einen Eindruck vom Setting und der Räumlichkeit haben. Eine zweite Kamera macht eine Nahaufnahme von der Offline-Moderation, damit im Videokonferenztool die Moderation nicht nur in Briefmarkengröße erscheint. Wenn die Offline-Moderation vor Ort keinen festen Sitzplatz hat, sondern sich während der Moderation bewegt, dann empfiehlt es sich diese zweite Kamera fernsteuerbar zu machen oder mit einem Menschen zu besetzen, der die Kamera bedient und den Bewegungen nachführt. Auch wenn die Kamera fernsteuerbar ist (z. B. über einen Gimbal oder Remotekopf), dann muss jemand sie bedienen.
Tipp: Wichtig ist eine Absprache mit der Moderation, ob es z. B. eine Einbeziehung des Publikums gibt, ob der Kamerabereich verlassen wird, etc.
Licht:
Der nach dieser Absprache abzubildende Bereich sollte mit weichem Porträtlicht ausgeleuchtet werden.
Wortbeiträge:
Wenn es keiner reiner Vortrag, sondern auch eine Diskussion mit den offline anwesenden Teilnehmer*innen geben soll, dann bieten sich zwei Möglichkeiten an:
- entweder die Teilnehmer*innen mit Wortbeitrag kommen nach „vorne“ um stellen sich an die Position der Moderation und sprechen von dort (dann in die gleiche zweite Kamera, die auch die Nahaufnahme der Moderation macht)
- oder es wird ein Punkt im Raum definiert, an dem sich diese Teilnehmer*innen hinstellen und ihren Beitrag leisten – dieser Punkt wird dann von einer dritten Kamera (und natürlich auch Licht) abgedeckt.
Videomischer:
Vor Ort muss entschieden werden, welches der Kamerabilder wann im Digitalen zu sehen ist. Das dafür notwendige technische Gerät nennt sich „Videomischer“ oder „Bildmischer“ und daran werden alle Videosignale (z. B. Kameraausgänge) angeschlossen. Ähnlich wie bei einem Tonmischpult, bei dem man entscheiden kann, welche Tonquelle wann zu hören ist, werden hier die verschiedenen Kamerasignale zusammengeschnitten und erscheinen dann als ein fertiges Bild im Videokonferenztool, z. B. unter dem Namen „Studio“. Dazu muss der Videomischer an dem Videokonferenzrechner angeschlossen sein. Es gibt dafür Geräte in verschiedensten Größen und Preisklassen von allen möglichen Herstellern – wir haben größtenteils gute Erfahrungen mit den Geräten der Firma Blackmagic Design gemacht, auch wenn es ähnliche Geräte auch von SONY, Panasonic, Roland und vielen anderen Anbietern gibt. Der große Vorteil von Blackmagic-Geräten ist die weite Verbreitung im niedrigschwelligen Bereich (d. h. es gibt viele Online-Ressourcen zu möglichen Fragestellungen) und die Tatsache, dass er von den meisten Videokonferenz Apps (wie z. B. Zoom, Webex, etc.) als Gerät erkannt wird.
Laptops:
Am einfachsten ist es hier mit zwei Laptops zu arbeiten. Ein Laptop überführt das Signal aus der Offline-Welt in die Online-Welt. Ein zweiter Laptop dient als Rückkanal, d. h. hier können wir alle digitalen Teilnehmer*innen als Kachel sehen.
Fernseher:
Der HDMI-Ausgang dieses zweiten Laptops wird an einen großen Fernseher (55 Zoll oder größer) angeschlossen und frontal hingestellt, sodass die Offline-Teilnehmer*innen ihn gut sehen können. Tatsächlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass ein zu kleiner Monitor die Lesbarkeit während einer Veranstaltung erschwert. Wenn ein*e digitale*r Teilnehmer*in sich zu Wort meldet, dann wird die Person händisch oder automatisch (je nach Software und/oder Einstellung der Software) auf Vollbild geschaltet und ist dadurch mit seinem Redebeitrag auch in der offline-Welt besser zu sehen.
Grundsätzlich ließe sich dafür auch ein Beamer verwenden – aus verschiedenen Gründen plädieren wir aber für einen großen Fernseher:
- der Fernseher ist ein „Selbstleuchter“, d. h. das Bild lässt sich auch unabhängig von der Lichtsituation vor Ort besser erkennen
- die Moderation vor Ort wird nicht durch einen Beamer angeleuchtet (meistens ab dem Oberkörper aufwärts)
- die digitalen Teilnehmer*innen könnten bei einem zu großem Beamerbild überproportional groß dargestellt werden (Stichwort: Big Brother is watching!) und stehen dann „über“ den Offline-Teilnehmer*innen
- der Lüfter des Beamers stört die Tonübertragung nicht
Audio:
Damit ist auch schon das Stichwort zum „bösen Stiefkind“ gefallen – dem Ton! Für die 15 Teilnehmer*innen in der Offline-Welt braucht es eigentlich keine Beschallung. Wenn sie nicht zu weit auseinandersitzen und der Raum nicht akustisch ungünstig ist (z. B. Kirche oder ein anderer Raum mit viel Stein, Glas und Metall), können sie sich auch ohne Mikrofon gut verstehen.
Mikrofone: Damit die Online-Teilnehmer*innen sie gut verstehen können, brauchen wir unbedingt mindestens ein externes Mikrofon. Dieses externe Mikrofon kann z. B. ein Ansteckmikrofon, ein Rednerpultmikrofon oder ein Mikrofon mit Handsender sein. Als „Rule of Thumb“ sollte es nicht weiter als 30-50cm vom Mund der sprechenden Person entfernt befinden. Je nachdem welche Regelung bei den Wortbeiträgen der Offline-Teilnehmer*innen getroffen wurde, sollte es für diese unter Umständen ein zweites bzw. eigenes Mikrofon geben.
Havariemikrofon: Für alle Fälle sollte es ein kabelgebundenes (kein Funk!) Havariemikrofon geben, d. h. ein Mikrofon welches über Kabel angeschlossen wird, unabhängig von Funksignalen funktioniert (!) und im Falle einer Funkstörung schnell verwendet werden kann. Dieses Mikrofon sollte auch vorher aufgebaut und mitgetestet werden, damit man im Störungsfall schnell umschalten kann.
Tonmischpult:
Der Ton der Mikrofone wird am besten über ein Tonmischpult zusammengemischt und dann als Summe entweder direkt an eine der Videokameras, den Videomischer oder das Audiointerface, welches mit dem Videokonferenz-Rechner verbunden ist, angeschlossen und dadurch in die Online-Welt übertragen. Vorteil beim Anschluss an eine der Videokameras sind:
- Der Ton ist dann in das Videosignal „eingebettet“ und wird ohne extra Kabel mit übertragen („embedded audio“).
- Wenn z. B. der „Vortrag“ in der Kamera aufgezeichnet werden soll, ist der Ton schon mit drauf.
Lautsprecher:
Der Ton der digitalen Teilnehmer*innen muss natürlich vor Ort auch hörbar gemacht werden, dafür werden idealerweise externe Lautsprecher eingesetzt. Wir empfehlen am besten aktive Lautsprecher, d. h. Lautsprecher mit eingebautem Verstärker – wenn vor Ort eine Beschallungsanlage vorhanden ist, kann diese natürlich auch verwendet werden.
Tipp: Um eine Doppelung des Tons zu vermeiden solltet ihr den Tonausgang des sendenden Laptops („Studio“) mit den Lautsprechern vor Ort verbinden. Wenn Ihr den zweiten Laptop dafür verwendet, kann es zu einer Tondoppelung kommen, d. h. jemand sagt etwas vor Ort und es ist wenig später im Videokonferenztool zu hören. Die meisten Videokonferenztools schalten diese Doppelung automatisch aus.
Online-Moderation:
Bis jetzt haben wir nur über die Situation vor Ort gesprochen – auch für die Online-Welt benötigt es im besten Fall eine Online-Moderation/Chat-Moderation o. Ä., die sich um die digitalen Teilnehmer*innen kümmert.
Im besten Fall ist diese Online-Moderation schon 15 bis 30 Minuten vor dem eigentlichen Veranstaltungsbeginn da, begrüßt die Online-Teilnehmer*innen und gibt ihnen Tipps und Hilfestellungen, sollte es zu technischen Fragestellungen oder ähnlich kommen und überbrückt die Wartezeit auf den Beginn der Veranstaltung mit Smalltalk o. Ä.
Offline-Moderation:
Wenn die Veranstaltung beginnt, sollte die Offline-Moderation natürlich ALLE Teilnehmer*innen begrüßen (Kamerablick!) und könnte dazu auch eine Schaltung zur Online-Moderation machen – z. B. in dem diese ja nach Videokonferenztool gepinnt oder vergrößert wird. Dadurch wird die Online-Moderation auch für die Offline-Teilnehmer*innen sichtbar und kann diese genauso begrüßen.
Pro-Tipp: Als Luxusoption mit weicher Abgrenzung zum folgenden dritten Szenario könnte man auch mit zwei Fernsehern mit gespiegelten Inhalten arbeiten: Einer ist dem Offline-Publikum zugewandt (auf Augenhöhe), der zweite steht schräg am Boden und ist wie ein digitaler Souffleur-Kasten der Offline-Moderation zugewandt. Dadurch kann diese, ohne den Blick zu wenden, die digitalen Teilnehmer*innen sehen und gegebenenfalls auch den Chat mitlesen.
Stummschaltung:
Wenn die Online-Teilnehmer*innen diszipliniert mit ihrem Audio umgehen, dann kann man den Ton in der Offline-Welt immer „offen“ lassen. Sobald eine Person aus der Online-Welt etwas sagen möchte, ist sie direkt zu hören. Die Online-Moderation muss dabei wachsam sein und Teilnehmende schnell stummschalten, die vergessen, ihr Audio auszuschalten (Störgeräusche!). Die genaue Vorgehensweise hängt hier jedoch von der Art Veranstaltung ab. Alternativ kann die Offline-Moderation auch immer aktiv bei der Online-Moderation nachfragen, ob es in der Online-Welt Fragen gibt oder was gerade auf der Chat-Ebene passiert. Da im Eifer des Gefechts das Nachfragen vielleicht auch mal vergessen wird, muss sich die Online-Moderation ggf. „hart“ reinschalten.
Umgekehrt sollte natürlich ein Mitglied des Technik-Teams in der Offline-Welt die Mikrofone vor Ort stummschalten, wenn eine Person aus der Online-Welt spricht, weil sonst der Online-Ton über den Lautsprecher ins offene Mikrofon der Offline-Moderation wandert und damit wieder als Störung zurück in die Online-Welt kommen könnte.
Bühnenbild:
Showtime: ein wichtiger – und leider oft unbeachteter Aspekt – ist das Bühnenbild. Gestalterisch ist es nicht so schön, irgendwelche Heizungsrohre, Kabelkanäle, etc. hinter der vortragenden Person zu sehen. Diese lassen sich gut hinter einer hübschen mobilen Wand oder ähnlichem verstecken. Manchmal bietet sich auch ein thematisches Setting an, z. B. ein Klassenzimmer, wenn es um das Thema „Bildung“ geht oder ähnlich.
Team:
Zu guter Letzt hier noch ein kurzer Realitycheck der Arbeitskräfte, die für die Umsetzung dieses Szenarios notwendig sind und sich nicht aus der Situation ergeben. Idealerweise sollten sich vor Ort mindestens zwei Personen um die Technik kümmern, d. h. eine Person sollte die Kamera und eine zweite Person die Bildregie und die Videokonferenz-Laptops bedienen.
Technikliste Szenario 02:
2x Videokameras mit Netzteil, HDMI (oder SDI-Ausgang – hängt von der weiteren Infrastruktur ab), XLR-Toneingang, Brennweite ca. 24-70mm (auf Kleinbild gerechnet)
2x Kamerastativ (stabil, nicht zu wacklig – z. B. Manfrotto)
3x lange HDMI-Kabel á 20m (am besten Glasfaser HDMI Kabel, damit die Kabellänge funktioniert)
3x großflächige LED-Softlichter (dimmbar, mit anpassbarer Farbtemperatur) mit Netzkabel und 3x Stativen, z. B. von LITEPANEL
2x Funkmikros (z. B. Sennheiser Evolution Wireless) mit Empfänger, 2 Netzteilen und 2x XLR-Kabeln (kurz)
1x Handmikro (Dynamisch) als Havariegerät
3x Mikrofonstative mit Mikrofonbefestigungsklammern
2x lange XLR-Kabel á 20m (Audiokabel)
1x Tonmischpult mit 3 symmetrischen Mikrofoneingängen z. B. Mackie VLZ 1402 mit Netzteil
1x Kopfhörer mit 3.5mm/6.3mm Stereoklinkenstecker zur Tonkontrolle
2x leistungsstarke Laptops (am besten aktuelle Mac Book Pros) mit USB-C, Ethernet und HDMI-Schnittstelle
1x Videomischer z. B. Blackmagic Design ATEM Mini mit Netzteil und dazugehörigen Kabeln
2x Ethernet-Kabel (siehe Szenario 01)
1x Ethernet-Switch mit Netzteil
1x LTE-Modem (z. B. CUBE) mit Netzteil
1x aktiver HDMI-Splitter (1auf2) mit Netzteil
2x kurze HDMI-Kabel á 5m
1x Fernseher mind. 55“ mit HDMI-Eingang, Fernbedienung, Stativ und eingebauten Lautsprecher, Stromkabel
1x Fernseher ca. 23“ mit HDMI-Eingang, Fernbedienung, Stromkabel
3x Sandsäcke (zum Stabilisieren des am Boden stehenden 23“ Fernsehers)
16x Stromanschluss (220V Schuko)
10x Stromverlängerungskabel (220V Schuko)
Spezielle Technikempfehlungen beruhen auf unseren bisherigen Erfahrungen in der Praxis. Wir haben die Kompatibilität der Geräte nicht mit allen Betriebssystemen getestet, deshalb sind alle Angaben ohne Gewähr.